|
Am Ende entscheidet das Naturell (Dierk König)Obwohl wir bei der agilen Entwicklung behaupten, wir würden Menschen und Interaktionen wichtiger einstufen als Prozesse und Werkzeuge, drehen sich die Diskussionen doch meist um letzteres und das ist schade. Klar, über Menschen zu reden ist schwieriger - aber nicht unmöglich. Diese Session schlägt neue Herangehensweisen für den nützlichen Umgang mit unterschiedlichen Naturellen vor und erzählt von Erfahrungen mit diesem Konzept in Retrospektiven. Alle Beteiligten an einem Softwareprojekt haben Arbeitspräferenzen - bevorzugte Arten, wie sie Informationen sammeln, mit ihnen umgehen, sich mit anderen austauschen, die Arbeit und den Tagesablauf organisieren oder ein Problem angehen. Die Kombination dieser Präferenzen macht das Naturell dieser Person im Arbeitsleben aus. Solche Arbeitspräferenzen lassen sich näherungsweise ermitteln: per Selbsteinschätzung, Fremdeinschätzung oder mit strukturierter Analyse. Ich werde am Beispiel von mir selbst eine solches Profil meines Naturells erstellen. Je nach Naturell tendieren wir dazu, einige Aufgaben lieber auszuführen als andere. Deshalb machen wir sie häufiger und bekommen darin mehr Übung und Erfahrung. Wir machen sie ohne gedrängt zu werden. Es fällt uns einfach zu. Zu anderen Aufgaben dagegen müssen wir uns überwinden. Untersuchungen von hochproduktiven Teams haben gezeigt, dass sie für alle relevanten Aktivitäten Menschen haben, denen diese Aktivität von ihrem Naturell her entgegen kommt: Berater, Innovierer, Vermittler, Umsetzer, Controller, Stabilisierer, usw. Schwierigkeiten im Projekt lassen sich häufig direkt auf das Fehlen eine Naturells zurückführen. Es gibt einfach niemanden, der sich "von alleine" darum kümmert und zu einem guten Ergebnis kommt. Die gute Nachricht ist: sobald man sich dessen bewusst ist, gibt es viele Arten der Kompensation. Ich bin auf Vorschläge aus dem Publikum gespannt. Zwischenmenschliche Interaktionen lassen sich produktiver gestalten, wenn ich Verständnis für das Naturell meines (Pairing-)Partners - oder Coaches, Customers, usw. entwickeln und dieses wertschätzen kann. Neben dem pragmatisch relevanten Nutzen, den man für Projekte aus der Einschätzung des Team-Naturells ziehen kann, liegt der Hauptvorteil im Erkenntnisgewinn. Vielleicht geht einem ja plötzlich ein Licht auf, weshalb sich die anderen so (seltsam?) verhalten und mancher mag sogar vermuten, warum er selbst so ist, wie er ist. Über den ReferentenDierk König ist ein praktizierender XP-Anhänger der ersten Tage mit zehn Jahren Erfahrung als XP Entwickler und Coach. Er ist Gründungspartner und Fellow bei Canoo Engineering AG, Basel, Schweiz, Projektleiter des open-source Testing Frameworks Canoo WebTest und Committer bei den open-source Projekten Groovy, Grails, GPars und PillarOne. Er ist Hauptautor des Buchs "Groovy in Action". Twitter: mittie |